|
Mundwerkzeug - ein paar Regeln der Marktsprache |
 |
Die erstaunlich wenigen Grundregeln, die es beim Erlernen der Marktsprache zu beachten gilt, passen in Stichpunkten bequem auf einen wirklich kleinen "Spickzettel". |
Die zuweilen bewunderte Kunst besteht in beständiger Aufmerksamkeit, etwas Kombinationsfreude, (leider auch) Begabung und sprachlichem Talent, aber selbst dann noch sehr viel Übung und noch mehr Fleiß. Ohne Letzteren hat noch niemand die Meisterschaft in ihrem oder seinem Fach gewonnen. |
 |
Nun endlich zum Thema kommend, betrachten wir kurz unser künftiges "Spickerl", und widmen uns sogleich der tieferen Bedeutung all dieser Stichworte: |
|
 |
Altbackene Worte |
 |
Die obigen Beispiele lassen es bereits erahnen: In unserer Sprache gibt es gar viele altbackene Worte und Redeweisen, die wir sehr wohl verstehen und sofort wiedererkennen, dieser Tage jedoch nur gar zu selten eigenmündig verwenden. Wenn wir es doch nur verstünden, davon so viele als möglich zu sagen, als wäre derlei unser täglicher Sprachgebrauch! Dann nämlich wäre es kaum noch vonnöten, uns um Weiteres zu bemühen. Wer wie eine Figur aus dem Märchenbuche spricht, überzeugt bereits zur Genüge. Dieser Absatz mag als Beispiel dienen. |
Oft hilft es bereits gewaltig, sich zu fragen, wie wohl eine Märchenfigur dieses oder jenes sagen würde, das wir auf dem Markte öfter mal in unseren jetzigen Worten sagen. Für Vieles bietet die deutsche Sprache auch ältere Worte und Formulierungen, die mindestens ebenso richtig, in unserer "Neuzeit" aber einfach veraltet sind. Hier läßt sich vieles bereits aus der eigenen Erinnerung zum alltäglichen Gebrauch gewinnen, ohne auch nur ein einziges Buch zu Rate zu ziehen. |
Zur Wiederbelebung dieses Wortschatzes seien die Literatur-Hinweise empfohlen. |
 |
Den Konjunktiv gäb's auch |
 |
Die Möglichkeitsform vertrüge durchaus mehr Verwendung, als die Neuzeit ihr zugesteht. Mit etwas Ohrenmerk fände sich wohl mancher Anlaß, und ganz alltägliche Sätze klängen plötzlich seltsam fremd. |
Mich deucht, es wär wohl mählich an der Zeit... |
Das könnt' ich wohl für Euch verrichten |
Dies wäre schon für drei Silbergulden wohlfeil |
|
Allerdings sei hier zur besonderen Vorsicht geraten. Ein Übermaß gerät flugs zum Eigentor: Gerade die hübschen kleinen Wörtchen "wär" und "sei" verführen zu möglichst häufiger Anwendung. Für's Erste sorgt derlei ja auch für einen höchst befremdlichen Klang. Überdies enthebt es uns der Mühe, das grammattisch richtige Wort zu finden. Der leicht erzielbare Effekt ist in der Tat so gewaltig, daß alsbald schon die Versuchung entsteht, sich im Bereich "mittelalterlicher" Marktsprache stets auf diesen einen bequemen Punkt zu beschränken. Leider jedoch nutzt sich die Wirkung gerade dadurch ebenso schnell wieder ab. Und spätestens, wenn der Konjunktiv dort erzwungen wird, wo er grammattisch blanker Unfug ist, blinzelt uns deutlich hörbar ein Faulpelz an. |
Hier ein Paar abschreckende Beispiele, wie es bitte nicht sein sollte: |
Ich hätt's wohl vergessen. | (... unter welcher Bedingung?) |
Es wär' nun an die drei Jahre her, ... | (... wenn wir einmal so tun als ob?) |
Ich sei wohl der Schmied hier... | (... hat man ihm gesagt. Wer aber ist er wirklich?) |
|
Unsere Verbesserungs-Vorschläge: |
Es ist mir gänzlich entfallen. |
Zu Sankt (Tages-Heiliger von übermorgen) ist es nun drei Jahre her... |
Ich bin der Schmied anhier... |
|
 |
Aus Neu mach' Alt |
 |
Die Begegnung der Epochen bringt es mit sich, daß Marktbesucher Dinge mit sich führen, die es im Mittelalter noch nicht gab. Im Umgang mit diesen hat sich ein Spiel entwickelt, das allen Beteiligten immer wieder Freude bereitet: die Übersetzung des Gesehenen in die "mittelalterliche" Sprech- und Sichtweise. |
Zwar ist derlei nicht wirklich notwendig, aber beispielsweise das Wort vom "Taschen-Drachen" ist ein so drolliges, daß es sich allgemeiner Beliebtheit erfreut. So erstaunt es nicht, daß vielerorts auch von Augenrädlein, Regendächlein, Lustkutschen oder Schnellzeichengeräten gesprochen wird, als seien all diese Dinge für uns ganz selbstverständlich. |
Zugegeben: Diese Wortschöpfungen haben weniger mit altertümelnder Sprache zu tun als eher einem "kreativen Anachronismus". Aber gerade einer lebendig gewordenen Kunstsprache, wie die "mittelalterliche Marktsprache" nun einmal ist, stünde es schlecht an, solch spielerischen Umgang mit Gegebenheiten und Worten tadeln zu wollen. Wer in der eigenen Rolle und sprachlich sicher ist, wird gewiß keine großen Schwierigkeiten haben, derlei zu umgehen. Für Andere ist es ein Hilfsmittel mehr, das gerne mal verwendet wird. |